Wissen

Schleudertrauma

Von Dr. med. Emmanuel Coradi 13.12.2021

Einführung

Das Schleudertrauma entspricht einer Verletzung im Bereich der Halswirbelsäule. Sie entsteht durch plötzliche, ruckartige Beugung und Überstreckung des Kopfes infolge einer unerwarteten Krafteinwirkung. Das Schleudertrauma wird auch als Peitschenschlagphänomen, oder Beschleunigungstrauma der Halswirbelsäule bezeichnet. 

Meistens wird ein Schleudertrauma durch einen Autounfall mit Heckkollision (Auffahrunfall) verursacht. Ein Schleudertrauma kann jedoch auch im Rahmen von Sportunfällen, Stürzen oder auch durch anderen Gewalteinwirkungen auf die Halswirbelsäule entstehen.

Die überwiegende Zahl der Betroffenen, kann durch spezifische Übungen und mit Medikamenten erfolgreich behandelt werden. Nach einigen Wochen weisen sie oft kaum mehr Symptome auf. Einige Patient*innen erleben aber einen weniger erfreulichen Verlauf und entwickeln chronische Nackenschmerzen, die sie über Jahre hinweg begleiten können.

 

Typische Symptome

Die typischen Zeichen und Symptome eines Schleudertraumas entwickeln sich meist innerhalb von Tagen nach der erlittenen Nackenverletzung. Oft klagen die betroffenen Patient*innen über folgende Symptome:

  • Schmerz und Steifheit im Nacken
  • Zunahme der Nackenschmerzen bei Bewegung
  • Bewegungsumfang im Nacken ist deutlich eingeschränkt
  • Kopfschmerzen, im Bereich des Hinterkopfes
  • Schmerzen auch im Bereich der Schultern und des oberen Rückens
  • Kribbeln und/oder Taubheitsgefühle in den Armen
  • Müdigkeit und Konzentrationsstörungen
  • Schwindelgefühle

Gewisse Patient*innen berichten auch über weitere Symptome:

  • Verschwommenes Sehen
  • Tinnitus-Beschwerden
  • Schlafstörungen
  • Erhöhte Reizbarkeit
  • Gedächtnisstörungen

 

Einflussfaktoren für eine Schmerzchronifizierung

Die meisten Betroffenen mit Schleudertrauma können durch spezifische Übungen und mit Medikamenten erfolgreich behandelt werden, so dass sie nach einigen Wochen kaum mehr Symptome haben. Einige Patient*innen erleben aber einen weniger erfreulichen Verlauf und entwickeln chronische Nackenschmerzen, die sie dann über Jahre hinweg begleiten können.

Es ist schwierig, eine Voraussage darüber zu treffen, wie sich ein*e betroffene*r Patient*in von einem Schleudertrauma erholen wird. Generell scheint es jedoch so zu sein, dass Patient*innen mit rasch auftretenden, starken Symptomen, oftmals einen weniger guten Verlauf zeigen und später häufiger unter chronischen Schmerzen leiden.

Ungünstige Vorzeichen für eine spätere Schmerzchronifizierung können sein:

  • Rasch auftretende, starke Nackenschmerzen
  • Deutliche Einschränkung des Bewegungsumfanges der Halswirbelsäule
  • Schmerzausstrahlungen in die Arme

Ausserdem werden die folgenden Risikofaktoren mit einem schlechteren Verlauf einer Schleudertraumaverletzung in Verbindung gebracht:

  • Eine frühere, überstandene Schleudertraumaverletzung
  • Erhöhtes Lebensalter
  • Vorbestehende Rückenschmerzen
  • Hochgeschwindigkeits-Unfall

 

Diagnose

Im Vordergrund steht eine genaue Anamnese und eine systematische körperliche Untersuchung. Bildgeberische / radiologische Methoden können im Rahmen des diagnostischen Prozesses manchmal eine Rolle spielen. Es ist jedoch wichtig zu verstehen, dass Röntgenuntersuchungen, Computertomographien und auch MRI-Untersuchungen meist keine direkten Hinweise auf das allfällige Vorhandensein eines Schleudertraumas liefern.

 

Konservative Behandlung

Die meisten Patient*innen, die ein Schleudertrauma erleiden, erfahren eine Besserung ihrer Beschwerden in den ersten Wochen und Monate nach dem auslösenden Ereignis. Während den ersten Tagen und Wochen nach einem Schleudertrauma, stehen Schmerzbehandlung und die Wiederherstellung einer normalen Beweglichkeit im Zentrum aller therapeutischen Bemühungen. Es soll erreicht werden, dass betroffene Patient*innen möglichst bald wieder ihren gewohnten Aktivitäten nachgehen können. Der Heilungsprozess wird durch den gezielten Einsatz von Medikamenten und geeigneten Nackenübungen positiv beeinflusst. Ausserdem können physikalische Massnahmen, wie z.B. Wärme oder Kälte-Anwendungen, sowie auch eine elektrische Behandlung mit TENS hilfreich sein.

 

Was tun bei chronischem Verlauf?

Ein Teil der Patient*innen mit Schleudertrauma sind leider von einem chronischen Verlauf betroffen. Oft leiden diese Patient*innen unter anhaltend starken Nackenschmerzen und haben eine schlechte Lebensqualität. Nach spätestens sechs Monaten sollte gezielt abgeklärt werden, ob eine Reizung der Facettengelenke der Halswirbelsäule (kleine Wirbelgelenke) Ursache für die anhaltenden Schleudertraumabeschwerden sind. Dazu werden im Rahmen eines standardisierten Vorgehens, ultraschall- oder röntgenkontrollierte Testinjektionen empfohlen. Sollten die typischen Nackenschmerzen infolge einer Testinjektion verschwinden, kann eine Behandlung mit Radiofrequenz oft eine anhaltende Linderung oder gar Schmerzfreiheit bewirken.

Referenzen

Tegenthoff M. et al., Beschleunigungstrauma der Halswirbelsäule, S1-Leitlinie, 2020, in: Deutsche Gesellschaft für Neurologie (Hrsg.), Leitlinien für Diagnostik und Therapie in der Neurologie. Online: www.dgn.org/leitlinien

Manchikanti, L., Singh, V., Rivera, J., & Pampati, V. (2002). Prevalence of cervical facet joint pain in chronic neck pain. Pain Physician5(3), 243-249.






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